Inhaltsstoffanalyse

Das Potenzial von ökologisch gezüchteten Sorten hinsichtlich Geschmack/Aroma und Gehalt an diversen ernährungsphysiologisch relevanten Inhaltsstoffen ist derzeit unerforscht bzw. ungenutzt. Mit einem Methodenspektrum von hochauflösenden chromatographischen und photometrischen Methoden werden relevante Inhaltsstoffe aus der Gruppe der Zucker, Phenole, Carotenoideund Terpene in dem angebauten Sortenspektrum an Frisch- und Verarbeitungsware (Saft) analysiert und das antioxidative Potenzial bestimmt. Es wird die Hypothese aufgestellt, dass im geprüften Sortenspektrum eine entsprechend hohe Variabilität zur Bildung bzw. Akkumulation dieser Inhaltsstoffe vorhanden ist, sodass gezielt Sorten mit einem hohen Gehalt an erwünschten bzw. niedrigem Gehalt an unerwünschten Inhaltsstoffen (Bitterstoffe) identifiziert werden können. Möglicherweise ergeben sich hieraus neue Anwendungs- und Produktfelder für den Einsatz verschiedener Möhrensorten in Lebensmitteln.

Möhren enthalten eine ganze Reihe von medizinisch wirksamen Substanzen, zu deren wichtigsten Vertretern die Gruppe der Carotinoide zählen. Die physiologische Bedeutung der Carotinoide liegt in ihrer Beteiligung an der Energieübertragung bei der Photosynthese sowie der Funktion, Zellen vor schädigendem Lichteinfluss zu schützen. Hierbei kommt vor allem der Untergruppe der Carotine, wie dem Betacarotin (Provitamin von Vitamin A1 = Retinol, wird in der Leber zu Vitamin A umgebaut) oder dem Lycopin (krebsschützender Inhaltsstoff) eine gesundheitsfördernde Wirkung zu. Zubereitungen aus der Möhrenwurzel begünstigen daher die Sehschärfe und das Dämmerungssehen und wirken vorteilhaft bei bestimmten Augenkrankheiten (Retinitis pigmentosa).

Wesentlich als Erklärung der klinischen Wirkungen der Möhre ist ihr Gehalt an Betacarotin und ähnlicher Verbindungen (Lycopin, Lutein u. a.): deren stark antioxidative Wirkungen reduzieren durch Entschärfung bestimmter Zellgifte (z. B. Sauerstoffradikale) die Gefahr von Herzinfarkten und Schlaganfällen. Zudem verbessern hohe Betacarotin-Werte im Blut die Rekonvaleszenz. Da der Mensch keine Carotinoide synthetisieren kann, müssen diese auf pflanzlicher Basis über die Nahrung aufgenommen werden. Möhren sind eine wichtige Quelle für Carotinoide, da große Mengen im Rübengewebe akkumuliert werden (Ladizinsky, 1998, Rubatzky et al., 1999).

Weiterhin zählen Terpene zu einer der wichtigsten Gruppen von sekundären Metaboliten in Karotten, die den Geschmack (z. B. Limonen) beeinflussen, aber auch für die Bitterkeit verantwortlich sind (Kramer et al., 2012). In der Möhre sind bis zu 20 verschiedene Terpene für den Möhrengeschmack verantwortlich. Der Gehalt der meisten Terpene steigt mit zunehmender Temperatur während der Kulturdauer.

Der hohe Gehalt an Zuckerverbindungen aus den Gruppen der Mono- und Oligosaccharide, z. B. Glucose und Saccharose ist für die Sensorik relevant. Neben diesen pharmakologisch auffallenden Inhaltsstoffen enthalten Möhren hohe Mengen an Mineralstoffen, Polysacchariden wie z. B. Pektin, für die menschliche Verdauung vorteilhaften Ballaststoffen oder Vitaminen der B-Gruppe und Vitamin C.

Möhrensaft ist ein beliebtes Getränk, das auf der ganzen Welt konsumiert wird und als eine wichtige Quelle für Carotinoide, Vitamine und Phenole akzeptiert wird, die die antioxidative Aktivität des Menschen durch das Abfangen freier Radikale fördern (Aadil et al., 2013). Aus diesem Grund ist es bedeutsam, in Lebensmitteln natürlicherweise vorkommende Antioxidantien zu erhalten oder zu verbessern, indem aufkommende Technologien in Kombination mit milden Temperaturen zur Verarbeitung von Lebensmitteln verwendet werden.

Für den finalen Gehalt an Inhaltsstoffen spielt jedoch vor allem die Sortenwahl eine große Rolle und verursacht einen 7- bis 11-fachen Unterschied im Terpen-, β-Carotin-, Magnesium-, Eisen- und Phenolgehalt sowie einen 1- bis 4-fachen Unterschied beim bitteren und süßen Geschmack. Klimabezogene Faktoren können bei Terpenen bis zu 20-fachen, beim Gesamtzucker bis zu 82 % und bei β-Carotin zu 30 bis 40 %igen Gehaltsänderungen führen. Ökologisch angebaute Möhren wiesen im Vergleich zum konventionellen Landbau um bis zu 70 % höhere Gehalte an Magnesium und 10 % an Eisen auf. Eine niedrige Stickstoffdüngung kann zu einem Anstieg des Terpene-Gehalts von bis zu 100 %, einem geringen Anstiegs der Trockensubstanz (+4 bis + 6 %) und des Magnesiums (+ 8 %) und einer Verringerung des β-Carotin-Gehalts (-8 bis -11 %) führen. Die sensorischen und chemischen Qualitätsparameter von Möhren werden so hauptsächlich durch genetische und klimabedingte Faktoren und in geringem Umfang durch die Anbaumethode bestimmt.